Freitag, November 8, 2024
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Und täglich grüsst die Sammelklage

Ein Beitrag von Rechtsanwältin Viviane Fischer

Immer wieder werde ich in meiner Eigenschaft als Mitglied des Corona-Ausschusses auf den Stand der Sammelklage von Dr. Reiner Fuellmich in den USA angesprochen. Nicht nur ich sondern alle, die näher oder ferner mit dem Ausschuss zu tun haben. Dabei hat der Corona-Ausschuss gar nichts mit der Sammelklage zu tun. Der Ausschuss ist keine Kanzlei und kann daher keine Rechtsberatung durchführen, entgeltliche Rechtsdienstleistungen also „jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten soweit sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert“ schon gar nicht. Rechtsdienstleistungen sind zudem nicht vom Zweck des Corona-Ausschusses gedeckt. 

Der Corona-Ausschuss hat im Juli 2020 seine Arbeit aufgenommen. Schon im August 2020 hat Dr. Reiner Fuellmich in ersten Interviews über die Möglichkeiten einer US-Sammelklage gesprochen. 

Laut Wayback Machine ist die Webseite www.corona-schadensersatzklage.de erstmalig am 8. September 2020 registriert worden. Als Teammitglieder wurden damals die Rechtsanwälte Dr. Reiner Fuellmich, Dr. Justus Hoffmann, Antonia Fischer, Marcel Templin, Tobias Weissenborn und Cathrin Behn vorgestellt. Die beiden letzteren arbeiten schon seit vielen Jahren für Dr. Reiner Fuellmich. Inwieweit wer heute noch beteiligt ist, ist der aktuellen Version der Webseite nicht zu entnehmen. Es steht dort „Die Strategie hinter der geplanten US-Sammelklage begleiten die schon aus dem Berliner „Corona-Ausschuss“ bekannten Rechtsanwälte. Allen voran Rechtsanwalt Dr. Reiner Fuellmich, LL.M. (UCLA) aus Göttingen.“ Die Information der Beteiligung „der Rechtsanwälte vom Corona-Ausschuss“ ist irreführend: Ich bin Rechtsanwältin im Corona-Ausschuss, war aber niemals Teil des Teams um die Sammelklage. Ich war im Herbst 2020 absolut dagegen, dass Dr. Reiner Fuellmich mit der Ankündigung einer Sammelklagemöglichkeit womöglich noch gegen Vorschusszahlung herauskäme.

Ich betrachtete die Sammelklagen-Idee zwar grundsätzlich als erwägenswert, hätte es aber deutlich besser gefunden, eine solche Klage, wenn sie denn eine realistische Option darstellte, innerhalb möglichst kurzer Frist zu schreiben, als – dann auch politische – Aktion mit großem Tamtam einzureichen und erst danach deutschen Unternehmern anzubieten, sich anzuschliessen. Inwieweit Vorschusszahlungen von den Unternehmern überhaupt erforderlich gewesen wären, fragt sich. Der Ansatz, dass ein Anwalt ähnlich wie ein Arzt schon für seine „Bemühungen“ bezahlt wird, wie dies in Deutschland der Fall ist, ist in den USA im Sammelklagenbereich eher unüblich. Dort findet bei Sammelklagen normalerweise das Prinzip des Erfolgshonorars Anwendung, d.h. die Kläger zahlen den Anwälten kein Honorar. Die Anwälte arbeiten also erst einmal auf eigenes Risiko, denn geht der Prozess verloren, gehen die Anwälte leer aus. Wird der Prozess allerdings gewonnen, dann fällt ein großer Teil der eingeklagten Schadenssumme als Erfolgshonorar an die prozessführenden Anwälte. Das können auch bis zu 40 % der Summe sein, und dann hat sich die Arbeit für die Anwälte mehr als gelohnt.  

Rechtsanwalt Dr. Reiner Fuellmich hat am 9. September 2022 im Rahmen eines Videostatements nun u.a. erklärt, dass zwei Klagen – eine von Rechtsanwalt Dexter Reynefeldt in Südafrika und eine von Rechtsanwalt Michael Swinwood in Kanada – („nicht gerade billige“) Versuche gewesen seien, die von ihm beworbene US-Sammelklage gegen die PCR-Nachweise von SARS-CoV-2 und die daraus entstehenden Nachteile der Kläger zu initiieren. Die fraglichen Klagen waren Eigeninitiativen der beiden Rechtsanwälte, für die lediglich Schützenhilfe durch die Erläuterung der Zusammenhänge und die Vermittlung von Sachverständigen geleistet wurde.

Dr. Reiner Fuellmich hat in seinem Videostatement nun auch mitgeteilt, dass Gelder der deutschen Sammelklagen-Mandanten an beteiligte Rechtsanwälte beziehungsweise Sachverständige ausgezahlt worden seien.

Diese Darstellung ist unzutreffend. Weil nahezu alle diese Rechtsanwälte und Experten Gäste im Corona-Ausschuss waren, ist es mir ein Anliegen, die Fehlbehauptung richtigzustellen. 

Für die Klage in Südafrika wurden die Fachgutachten (Expert opinions) durch  den Mikrobiologen Prof Dr. Sucharit Bhakdi, den Arzt Dr. Wolfgang Wodarg, die Biologin Prof. Dr. Ulrike Kämmerer und den Psychologen Prof. Dr. Harald Walach ohne Honorar („pro bono“ im Sinne der guten Sache) zur Verfügung gestellt. 

Bei der von Rechtsanwalt Dexter Reynefeldt initiierten, südafrikanischen Klage war es bereits Vorbedingung, dass alle Beteiligten ohne Vergütung arbeiten würden. Rechtsanwalt Dexter Reynefeldt hat erklärt: „Wir (ich selbst oder einer der südafrikanischen Anwälte), die an dem südafrikanischen Fall gearbeitet haben, haben keine Gelder von Rechtsanwalt Dr. Reiner Fuellmich erhalten. Ich bestätige hiermit, dass alle Sachverständigen, die Gutachten für den südafrikanischen Fall erstellt haben, keine Rechnungen für die geleistete Arbeit eingereicht haben und auch keine Gelder/Honorare von den südafrikanischen Anwälten und mir erhalten haben.“

Prof. Dr. Harald Walach hat ausgeführt: „Bei einer ersten Zoom-Besprechung über die Aktivitäten im Rahmen der Klage in Südafrika wurde von Rechtsanwalt Dexter Reynefeldt klar gemacht, dass alle Beteiligten, auch er selbst, pro bono arbeiten würden und daher auch von den Gutachtern und Experten die Mitarbeit pro bono, also ohne Geldzahlung, erwartet würde. Das war zumindest bei mir so und meinem Kenntnisstand nach auch bei anderen.“

Der kanadische Rechtsanwalt Michael Swinwood hat bezüglich der Klage in Kanada, die Dr. Reiner Fuellmich als „ersten Versuch“ bezeichnet hat, klargestellt, gleichfalls unentgeltlich tätig geworden zu sein. Er wusste von keinen Zahlungen, die aus den Mandantengelder der Class Action geleistet worden seien. An diesem Verfahren war keiner der oben genanten Experten als Fachgutachter beteiligt. Es wurden dem beauftragten amerikanischen Experten Byram Bridle allerdings – ebenfalls pro bono – das Testbeurteilungs-Gutachten aus dem Prozess vor dem Familiengericht in Weimar ins Englische übersetzt zur Verfügung gestellt. Rechtsanwalt Michael Swinwood hat erklärt, von keiner Zahlung an Byram Bridle oder auch Dr. Christiane Grieb, eine in Kanada lebende Juristin und ehemalige Studentin von Dr. Reiner Fuellmich, die eigentlich bei der Klage mitarbeiten sollte, zu wissen. 

Prof. Dr. Ulrike Kämmerer hat klargestellt: „Aufgrund meiner Nebentätigkeitserlaubnis darf ich Fachgutachten überhaupt nur unentgeltlich  erbringen. Vor diesem Hintergrund ist es mir besonders wichtig, dass nicht suggeriert wird, dass ich gegen Entgelt tätig geworden sein könnte. “ 

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