Dienstag, Dezember 17, 2024
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Jenseits des Parteiengezänks

Zur Lösung der verschiedenen blutigen Konflikte auf der Welt kann Deutschland nur beitragen, indem es sich unparteiisch ganz der Humanität verpflichtet.

Von der „Würde des Menschen“ ist im deutschen Grundgesetz die Rede. Nichts von israelischer oder palästinensischer, von russischer oder ukrainischer Würde. Von der Würde des Menschen. Vor diesem Hintergrund ist es fatal, dass sich die offiziellen Vertreter Deutschlands darin gefallen, in den wesentlichen Konflikten des Weltgeschehens höchst einseitige Positionen einzunehmen und dabei die andere Seite der Wahrheit schlicht unter den Tisch fallen zu lassen. Nicht nur ist das sachlich falsch und menschlich zu verurteilen — es hilft auch in keiner Weise, die Auseinandersetzungen zu befrieden, die täglich unzählige Menschenleben fordern. Dies könnte nur eine Haltung unparteiischer Vermittlung, die das Leiden aller beteiligten „Lager“ mitfühlend wahrnimmt und um der Menschlichkeit willen zu dessen Beendigung beizutragen versucht. 

Ein Beitrag von Ralph Boes, zuerst erschienen bei Manova

Angesichts der unglaublichen Katastrophen, in die Deutschland hinein schlittert, durch eine Regierung, der offensichtlich jede Anbindung an die deutsche Geschichte, an die Menschenrechte und an das Grundgesetz verloren gegangen ist, Katastrophen, die mehr als geeignet sind, uns und Deutschland in Geschehnisse mit hinein zu reißen, denen wir in keiner Weise gewachsen sind, sehe ich mich zu einer Stellungnahme genötigt.

Der Krieg in Israel, in Palästina und im Gazastreifen liegt mir äußerst schwer auf dem Herzen. Nicht minder schwer aber auch der seit 2014 virulente und 2022 dann voll ausgebrochene Krieg in der Ukraine. 

Am schwersten aber liegt mir auf dem Herzen, dass wir eine Regierung haben, die, statt alle geistigen Kräfte zusammenzunehmen und überall für Klärung und Vermittlung einzutreten, überall Waffen und Soldaten hinliefert, sich dabei höchst einseitig positioniert und dabei, statt Helfer für den Frieden zu sein, direkt zum Kriegsteilnehmer wird. 

„Keine Waffen in Kriegsgebiete“ war eine der großen Forderungen, mit denen die Grünen, allen voran Anna-Lena Baerbock, im September 2021 ihren Wahlkampf bestritten haben. „Keine Waffen in Kriegsgebiete“ war eine der großen Forderungen, für die die Grünen dann auch gewählt worden sind. Und kaum an die Macht gekommen, haben sie genau das Gegenteil davon getan. 

Nun ginge mich ja nichts an, was derart Meineidige so treiben, wenn nicht unser aller Schicksal, unser eigenes Schicksal, das Schicksal unserer Familien und Freunde, das Schicksal aller Deutschen und Deutschlands und das Schicksal als derjenigen, die plötzlich und unerwartet von einer derartig einseitigen und geschichtsblinden Positionierung „unterstützt“ oder, im Gegenteil, davon „getroffen“ sind, davon abhängig wäre.

Hier stehen wir vor einem Riesenproblem, dass unsere Regierungen sich zwar mit schönen Versprechungen wählen lassen, dann aber oft das Gegenteil von dem tun, was sie versprochen haben und wir dann keinerlei Mitspracherecht mehr haben. 

Doch kommen wir auf das Thema der Kriege zurück:

Wenn wir als Bürger schon nichts zu sagen haben, dann müsste das Handeln der Regierung hier wenigstens durch die Verfassung gezügelt sein. Aber selbst das scheint unsere Politiker nicht zu rühren. 

Das Grundgesetz gibt eine ein-eindeutige Richtlinie für alles politische Handeln an, auch für das Handeln in der Außenpolitik:
Ich zitiere Artikel 1, Absatz 1: 
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung ALLER staatlichen Gewalt.“
Und dann Absatz 2:
„Das deutsche Volk bekennt sich DARUM zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“

Ich wiederhole: Darum. 

Das heißt: Weil die Würde des Menschen unantastbar — und sie zu achten und zu schützen Verpflichtung aller staatlichen Gewalt ist, darum bekennt sich das deutsche Volk im Sinne des Grundgesetzes, die unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte zur Grundlage aller Politik zu machen — und nicht niederträchtige und stümperhafte Parteien- und Großmachtpolitik, etwa im Sinne US-amerikanischer oder irgendwelcher Interessen zu betreiben. 

Darum bekennt sich das deutsche Volk auch, eine Außenpolitik zu betreiben, die nichts als die Achtung und den Schutz der Menschenwürde im Zentrum ihres Strebens hat. 

Wenn Anna-Lena Baerbock tönt („tönt“? — Vor den geistigen Ohren ist es ein Brüllen!), dass es etwa bei der Unterstützung der Ukraine darum gehe, Russland zu ruinieren, wenn Olaf Scholz in tiefster Unterwürfigkeit die Instruktionen für sein Handeln direkt von „Papa“ Biden holt, anstatt die Prinzipien seines Handelns entgegen aller außenliegenden Interessen ausschließlich aus dem Geist des Grundgesetzes zu entfalten und auch das deutsche Volk nach seiner Meinung und Entscheidung zu befragen, dann ist das ein Verrat am Ideal des Grundgesetzes, ein Verrat am deutschen Volk, ein Verrat an seiner Geschichte, die es verbietet in solcher Art wieder auf das russische Volk zuzugehen, und ein Verrat an seinem, des deutschen Volkes, Wohlergehen und an den Früchten seiner Arbeitskraft. Denn all das Übel wird ja aus den Steuern, den finanziellen Früchten seiner Arbeitskraft, bezahlt. 

Doch zurück zu Israel: 

Es ist ein unglaubliches Leid, welches sich in Israel, aber auch in Palästina, im Gazastreifen und so fort vollzieht. Und wer da einen großen Unterschied macht: Die einen sind zu unterstützen, die anderen zu bekämpfen, der hat das Wichtigste noch nicht begriffen:

Für alle Seiten ist das eine Katastrophe, eine schon sehr lange schwärende und immer wieder aufbrechende Katastrophe — und wenn man da wirklich helfen will, dann muss man das block- und parteifrei tun. 

„Die Unterstützung Israels ist deutsche Staatsräson“ ist die Devise unserer Politik. Eine Devise, die nach den unglaublich niederträchtigen Verbrechen, die Deutschland im dritten Reich den Juden angetan hat, oberflächlich besehen zwar verständlich ist, die aber dennoch wichtige Fragen aufwirft: 

„Die Unterstützung welchen Israels?“ ist da die erste Frage. 

Wer die Verhältnisse in Israel betrachtet, der sieht, dass Israel tief gespalten ist und dass dort zum Beispiel in den letzen Monaten und Wochen vor dem Terrorschlag der Hamas durchgehend riesige Demonstrationen stattgefunden haben, Demonstrationen gegen Netanjahu, gegen die von ihm betriebene Entmachtung des die Regierung kontrollierenden Gerichtes, gegen seine immer totalitärer sich gebärdende, extrem die Demokratie und die Rechte der arabischen Israelis und der Palästinenser außer Kraft setzende Politik. 

Größte Teile der israelischen Juden sind da zum Schutz der allgemeinen Menschenrechte und ihrer Demokratie und auch zum Schutz der israelischen Muslime und der Palästinenser auf die Straße gegangen.

„Die Unterstützung Israels…“ — was soll das jetzt heißen?

Heißt das 
– die Unterstützung Netanjahus? 
oder
– die Unterstützung der liberalen Juden? 
– die Unterstützung der orthodoxen Juden?

– die Unterstützung der ultra-orthodoxen Juden?
oder gar
– die Unterstützung der ebenfalls zu Israel zählenden israelischen Muslime?

Das ist die erste große Frage. Und jetzt kommt die zweite: 

Ist der Satz: „Die Unterstützung Israels ist deutsche Staatsräson“ überhaupt mit unserer Verfassung zu vereinbaren?

„Die Würde des Menschen ist unantastbar …“
steht in unserem Grundgesetz,
nicht 
– „die Würde Israels“,
dies so wenig, wie da 
– „die Würde der Juden“
– „die Würde der Christen“, 
– „die Würde der Muslims“ oder gar 
– „die Würde der Deutschen ist unantastbar“ 
steht. 

Außenpolitik im Sinne des Grundgesetzes ist Politik im Sinne der Achtung und des Schutzes der Menschenwürde und nicht Politik für oder gegen Staaten, für oder gegen Religionsgemeinschaften, für oder gegen Völker, für oder gegen Rassen und so weiter und so fort.

Außenpolitik im Sinne des Grundgesetzes ist parteifrei, stellt sich ganz und gar nur auf die Geltendmachung der Grund- und Menschenrechte ein — und unterlässt unbedingt jede rassistische, religiöse, völkische oder machtpolitische Stellungnahme.

Ein geklärtes Handeln nach außen könnte auch ein geklärtes Handeln nach innen ermöglichen: 

Derzeit ist es ja so, dass die grundgesetzferne und parteiische Positionierung unserer Regierung auch bei uns in Deutschland sowohl bei unseren arabischen und muslimischen Mitbürgern als auch bei etlichen weiteren Gruppierungen, die kritisch das Geschehen in Israel und Palästina betrachten, zu Spannungen und Protesten führt — und dass genau diese Positionierung bei uns nicht nur den Zorn auf unsere Regierung, sondern auch den Hass auf Israel und den Antisemitismus in Deutschland verstärkt. So dass die Haltung unserer Regierung eine Mitschuld an dem wieder aufflammenden Antisemitismus in Deutschland trägt.

Weiter ist es so, dass genau diesen Bürgern, die die einseitige Positionierung der Regierung zu Recht als falsch empfinden, jetzt oft ihr Grundrecht auf Demonstration und Protest beschnitten wird, was im Sinne des Grundgesetzes unzulässig ist und zu Recht als ein weiteres Beispiel für eine Verlogenheit der Regierenden empfunden wird, die die von ihnen immer so hoch gelobten „Grundrechte“ und die „freiheitlich demokratische Grundordnung“ zur billigen Propaganda macht.

Die unparteiische Konzentration auf Achtung und Schutz der Menschenwürde würde die Polarisierung befrieden und für alle Betroffenen GEMEINSAM die Frage öffnen können, wie der permanente Konflikt in den Kriegsgebieten auf der Basis der allgemeinen Menschenrechte gelöst werden kann.

Und das ist möglich:

Wir alle wissen, dass zwischen 1933 und 1945 die Juden die von der damaligen Obrigkeit definierten „Untermenschen“ waren und deswegen hier untermenschlich-unmenschlichst behandelt wurden. Heute wird das von Menschen mit Gewissen auch bei uns als allerschwerste Schuld empfunden. 

Als ich 1963 zur Schule kam, gab es in Rheinland Pfalz noch eine große Trennung zwischen der katholischen und der evangelischen christlichen Religion. In der Volksschule, die ich zunächst besuchte, wurde in zwei parallelen Zügen unterrichtet: in einem evangelischen und einem katholischen Zug. Pro Zug waren wir jeweils fünf Klassen in einem Raum mit jeweils nur einem einzigen Lehrer. Das aber einmal katholisch und einmal evangelisch. Das heißt, dass es keine Klassentrennung sondern eine Trennung nach Religionen gab — weil, um es etwas spaßig zu sagen, natürlich katholische ganz anders als evangelische Kinder lesen- und schreiben lernen. 

Während es im Unterricht eine strikte Religions- statt einer Klassentrennung gab, galt auf dem Pausenhof etwas anderes: Auf dem Pausenhof da wurde nach Geschlechtern getrennt, so dass wir einen Pausenhof für Jungs und einen Pausenhof für Mädchen hatten. Und auf dem Pausenhof für uns Jungs gab es dann immer das beliebte Spiel: „Wer spielt mit evangelisch gegen katholisch?“. Wir versammelten uns dann jeweils in einer Ecke des Hofs und gingen dann prügelnd aufeinander los. 

Das war damals normal für uns. 
Und heute? Ist das alles nicht mehr Thema …

Dann war es ja sehr sehr lange so, dass Schwule die Bösen waren.
Und heute sind es alte weiße Männer. Und so weiter und so fort … 

Worauf ich hinaus will ist, dass es Willensentscheide sind, nur Willensentscheide, die derartige Spaltungen schaffen.

Man kann aus jeder Differenzierung Spaltungen erzeugen: Groß gegen Klein, Dick gegen Dünn, Weiblich gegen Männlich, Hetero gegen Homo, Weiß gegen Farbig, Alt gegen Jung, Geimpft gegen Nicht-geimpft, Deutsch gegen Nicht-deutsch, Christlich gegen Anders, Reich gegen Arm, Geschminkt gegen Ungeschminkt, Berufstätig gegen Arbeitslos — und so weiter und so fort. Aus jeder, aber wirklich jeder Differenzierung kann man existentielle Spaltung schaffen.

Man kann es aber auch lassen …

Vor diesem Hintergrund wäre eine Politik, die vermittelnd und UN-parteiisch ist, und auf der Grundlage der unveräußerlichen Menschenrechte Lösungen für die Konflikte sucht, ein heilsamstes Gegenmittel.

Deutschland verspielt die ungeheure Chance, in den allseits entflammenden Kriegen die unbestechliche Stimme der Vernunft und der unparteiische Vermittler zu den UNTER allen Differenzierungen liegenden ur-menschlichen Werten der gegenseitigen Achtung und Anerkennung und des miteinander-füreinander-Wirkens zu sein.

Deutschland verpasst die ungeheure Chance, statt dumm und blind in allen Kriegen mitzumischen, an der längst überfälligen Begegnung der Kulturen und an der im Zuge der Globalisierung unumgehbaren Schöpfung neuer Kulturimpulse mit tätig zu sein.

Deutschland verpasst sich selbst, weil die Keime dazu alle in ihm liegen, wir aber eine Regierung haben, die in jeder Weise unempfänglich für Tatsachen und völlig losgelöst von der deutschen Geschichte und völlig losgelöst vom Grundgesetz und seinen Idealen handelt.


Wie die Selbstermächtigung unserer Politik beendet und die Dinge wieder in Ordnung gebracht werden können, ist unter www.unsere-verfassung.de zu sehen.


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