Recherche und Einordnung von Martin Lejeune
Der Schänder der weißen Rosen, der Herr im dunklen Jacket und roten T-Shirt, heißt Michael Lemm. Er arbeitet in der Geschäftsstelle des DGB Thüringen (Büro Suhl). Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ist die größte Dachorganisation von Einzelgewerkschaften in Deutschland. Ihm gehören acht Mitgliedsgewerkschaften mit rund sechs Millionen Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern in der Bundesrepublik Deutschland an.
„Solidarität und Gerechtigkeit sind unverrückbare Werte“ des DGB, so steht es auf seiner Internetseite. „Die Internationale erkämpft das Menschenrecht“ lautet das Kampflied der Arbeiterbewegung, das auf 1. Mai-Demonstrationen angestimmt wird. Die Justiz ist die Wächterin der Menschenrechte und eine freiheitlich demokratische Grundordnung kann nur mit der Unabhängigkeit der Justiz existieren.
Am 1. Mai legten trotz Versammlungsverbot Tausende Menschen weiße Rosen vor dem Amtsgericht Weimar und einer Schule nieder aus Solidarität mit Richter Christian Dettmar, dessen Wohnung, Büro und Auto durchsucht wurden. Am Nachmittag schändete Lemm die Gedenkstätte an den Rechtsstaat und leitete eine Gruppe von Vandalen an, die weiße Rosen, Briefe und Karten zerstörten und in Müllsäcke warfen.
Die Stadt Weimar hatte für den 1. Mai alle Demonstrationen für den Rechtsstaat und für die richterliche Unabhängigkeit verboten! Die DGB-Demo am 1. Mai durfte hingegen in Weimar stattfinden.
Lemm hat Erfahrungen als freigestelltes Betriebsratsmitglied bei der Robert Bosch Fahrzeugelektrik Eisenach GmbH, als stellvertretender Vorsitzender des DGB – Kreisverbandes Eisenach-Wartburgkreis und als Kreisvorstandsvorsitzender des Wartburgkreises bei der Partei „Die Linke“.
Es verstört mich zutiefst, welche Rolle die Gewerkschaften in dieser Auseinandersetzung spielen bzw. wie sie sich massiv für die Regierung positionieren. Gewerkschaften sollten sich bei der Repression gegen die richterliche Unabhängigkeit heraus halten, um nicht Vertrauen bei den Arbeitnehmern zu verspielen.
Aufgefallen ist mir das aber schon länger, wie DGB-Gewerkschaften, insbesondere die IG METALL, eine der finanzstärksten und mächtigsten Mitglieder im DGB, immer mehr in eine regierungsnahe Richtung geht. Da sind Gewerkschaftsfunktionäre der Verwaltungsstellen, die offen politische Themen regierungsnah in Seminaren behandeln, und wohlmöglich die Teilnehmer versuchen, zu beeinflussen.
Michael Lemm engagiert sich „vor allem wenn es darum geht, menschenverachtende Einstellungen, Diskriminierung und Rechtspopulismus nicht zuzulassen.“ Lemm sagt über sich: „wenn es darum geht, Demonstrationen zum Beispiel gegen TTIP und CETA zu organisieren oder Redner, Rednerinnen für Kundgebungen in gewerkschaftlichen Themen zu finden, bin ich dabei. Es ist einfach Klasse, mit Menschen zu tun zu haben, die sich für die gleiche Sache einsetzen, die mit mir kämpfen, wenn es darum geht, Ungerechtigkeiten im Gesellschaftssystem zu thematisieren, darauf aufmerksam zu machen und so manchen Stein auf dem Weg zu einer gerechteren Welt ins Rollen zu bringen. Wenn ich damit auch den, von der Gesellschaft unbemerkten Menschen eine Stimme geben kann, dann ist das für mich Motivation!“
Mit der Vernichtung der Gedenkstätte ließ Lemm die Stimmen der Menschen verstummen, die für unabhängige Richter am 1. Mai ihre Stimme erhoben. Lemm warf mit den Karten und Briefen der Bürger an Richter Dettmar auch die Stimmen der Menschen in den Müll!
Ich frage Lemm, ob er uns seine Sicht der Dinge in einem Interview schildern wolle, warum er die Gedenkstätte vernichtete. Lemm sagt, er stehe für ein Interview nicht zur Verfügung. Am Telefon sagte er: „Bleiben Sie negativ!“