Donnerstag, April 25, 2024
PolitikBricht in Frankreich gerade ein Bürgerkrieg aus?

Bricht in Frankreich gerade ein Bürgerkrieg aus?

Ein Beitrag von Holger Gräf

Während die deutschen Leitmedien wenig bis gar nicht über die aktuellen Proteste in Frankreich berichten, sehen manch alternative Journalisten einen echten Bürgerkrieg in unserem Nachbarland heranrollen. Was ist dran, warum gehen die Franzosen derzeit zu Millionen auf die Straße und wie wird das alles enden?

In Frankreich liegt des Renteneintrittsalter derzeit bei 62 Jahren. Das soll aber nicht so bleiben, wenn es nach dem Willen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron geht. Seiner Meinung nach sollen die Franzosen erst ab 64 Jahre in Rente gehen dürfen. 

Wie bitte? Das ist alles? Und dafür gehen jetzt Millionen Franzosen auf die Straße, zünden Rathäuser an und liefern sich heftige Schlägereien mit der Polizei?

Nein, nicht ganz! Es ist wohl eher die Art und Weise wie Macron seine Rentenreform durchgesetzt hat, die so viele Franzosen empört. Der Präsident hat einen höchst umstrittenen Verfassungszusatz gefunden und bedient, der es im ermöglichte, sein Gesetz ohne parlamentarische Abstimmung durchzudrücken. Wie ein kleinen König halt und ganz und gar nicht nach dem Bild eines demokratischen Regierungsführers. 

Wie peinlich diese Undemokratie auch unseren Leitmedien und Politikern ist, erkennt man gut daran, dass der entsprechend aufklärende Wikipedia-Artikel schnell wieder gelöscht wurde. Nur noch an der archivierten Suchmaschinen-Vorschau erkennt man, was er einmal enthalten hatte.

Der gelöschte Wikipedia-Artikel zur Rentenreform

Die Franzosen sind zu recht empört, doch lohnt es sich, dafür so viel kaputt zu machen? Am Ende wird das Gesetz ja nicht auf der Straße umgeschrieben und Macorns derzeitige Amtszeit liegt noch zu über 50% vor ihm. Wer oder was sollte ihn daran hindern, dieses Gesetz – trotz aller Proteste – durchzuziehen? 

Exakt so sieht es derzeit aus. Während die einen Barrikaden errichten, diese in Brand setzen und sich heftige Straßenschlachten mit der Polizei liefern, denkt der Präsident nicht einmal daran, etwas an einer Reform zu ändern, die er für eine der wichtigsten Reformen seiner Präsidentschaft hält.

Gänzlich unmotiviert geht aber auch in Frankreich niemand auf die Straße. Zum Teil entwickelte sich die französische Demonstrationsbewegung auch aus der Schwäche französischer Gewerkschaften heraus. Davon gibt es zwei, die erwähnenswert wären: Die als eher moderat geltende CFDT mit ihrem Chef Laurent Berger, sowie die als radikal geltende CGT unter Philippe Martinez. Und diese beiden rufen die Franzosen derzeit gemeinsam zu Protesten auf.

Das ist auch ein klein wenig ein Eingeständnis von Schwäche, denn hierzulande bestreikt man tage- oder wochenlang die Infrastruktur und erreicht damit im Zweifelsfall mehr, als wenn man Autos oder Häuser anzündet, deren Besitzer gar nichts mit der Sache zu tun haben.

Die Frage aller Fragen, die sich nun viele stellen, lautet: Wird sich denn aus dieser Protestbewegung ein Bürgerkrieg entwickeln? Wer an Prophezeiungen glaubt, der sieht derzeit die Vorhersagen eines gewissen Alois Irlmaier in Erfüllung gehen. Dieser hatte vorausgesagt, dass in Europa Proteste ausbrechen würden und dass Paris durch seine eigene Bevölkerung in Schutt und Asche gelegt würde, kurz bevor der Russe in Deutschland einmarschiere.

Ob man das nun glauben mag oder nicht – Tatsache ist, dass selbst die Franzosen die ganze Sache nicht als ernsthafte Bedrohung sehen. Und so sieht man sie prompt in Straßencafes mit einem Glas Rotwein sitzen, während 100 Meter weiter Barrikaden brennen und sich Demonstranten heftige Schlägereien mit der Polizei liefern.

Wenn wir die Sache einmal nüchtern betrachten und uns vorstellen, wie wir sie aus der Retrospektive bezeichnen würden, dann müsste eine entsprechende Schlagzeile in etwa lauten: „Französischer Bürgerkrieg brach aus, weil das Renteneintrittsalter um zwei Jahre erhöht wurde.“ Es mag sein, dass die Proteste noch eine gewisse Zeit fortgesetzt werden. Es mag auch sein, dass sie sich weiterhin verschärfen. Aber zu einem Bürgerkrieg werden sie eher nicht führen.

Zumindest dann nicht, wenn sich nicht erfüllt, was dieser (und eine andere) Blogger befürchten, nämlich, dass sich (auch deutsche) ultralinke Gruppierungen die eigentliche Protestbewegung zunutze machen, um gezielt einen Bürgerkrieg zu lancieren. Doch auch hier müssen wir uns die Frage stellen, ob sie dazu überhaupt in der Lage wären. Ihre Taktik scheint sich lediglich darauf zu erstrecken, gezielt die eingesetzten Polizeikräfte anzugreifen und somit entsprechende Gegenreaktionen zu provozieren. Auf diese Weise schadet man jedoch lediglich den Teilnehmern einer Demonstrationsbewegung, die ihren Protest friedlich vorbringen wollen und löst keinen Bürgerkrieg aus. Man muss schon sagen, dass dies gut in das Profil der „neuen Antifa“ passt.

Es gibt allerdings Kräfte, die derzeit entsprechende Ängste schüren. Zu ihnen gehört auch Russland, welches in diesem Fall durch den Sender RT vertreten ist. Sie zeichnen bewusst das Bild eines schwachen Europa, welches von seinen eigenen Bevölkerungen destabilisiert wird. Es mag auch sein, dass hier auch ganz gezielt das Bild des Alois Irlmaier bedient wird. Seine Prophezeiungen zum Ausbruch eines dritten Weltkriegs sind weit verbreitet, wurden allerdings stets von Dritten und nicht von ihm selber veröffentlicht. Das Ziel solcher Propaganda ist klar: Die Kriegszündeleien europäischer Staaten sollen aufhören; der Rückhalt der Bevölkerungen hinter solchen Zündeleien soll der Angst vor einer Eskalation weichen. 

Wenn es letztendlich die Friedensbewegung in Europa stärkt, ist diese Propaganda nicht einmal zu verurteilen. Die Gefahr ist schließlich real und je schneller es zu diplomatischen Friedensverhandlungen in der Ukraine kommt, umso besser.

Man darf bei solchen Berichten, die zwischen „ein paar Demonstranten auf der Straße“ und „ganz Frankreich brennt“ liegen, aber nicht vergessen, dass die Wahrheit meist dazwischen zu finden ist.


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