In Polen scheinen Teile der Regierung, der Geheimdienst und ein Waffenschieber an einem korrupten Deal über Beamtmungsgeräte in Höhe von umgerechnet € 43 Millionen zusammengewirkt zu haben. Der abgetauchte Waffenschmuggler wird nun per Haftbefehl gesucht.
Am 14. April 2020 traf der damalige stellvertretende Gesundheitsminister Janusz Cieszynski eine folgenschwere Entscheidung: Unter Umgehung aller Verfahren, ohne Überprüfung des Auftragnehmers und ohne Konsultationen unterzeichnete Cieszyński einen Vertrag mit Andrzej Izdebski, dem Präsidenten von E&K, einem Unternehmen, das bis dahin für seinen Waffenhandel bekannt war.
Die Vereinbarung betraf den Kauf von 1241 Beatmungsgeräten. Noch am selben Tag erhielt Izdebski eine Überweisung des Gesundheitsministeriums in Höhe von 154 Millionen Zloty (umgerechnet ca. € 33 Millionen). Dies sollte eine Vorauszahlung auf die im Vertrag vorgesehenen 200 Millionen Zloty (ca. € 43 Millionen) sein.
Das Unternehmen E&K, dessen Chef zuvor unter anderem mit Nordkorea Handel getrieben hatte, in Geschäfte mit der italienischen und albanischen Mafia und in den Waffenschmuggel in Länder, die unter UN-Embargo stehen, verwickelt war, verfügte aber gar nicht über die Beatmungsgeräte, die es der polnischen Regierung versprochen hatte. Die Geräte waren ungeeignet und völlig überteuert angeboten worden. Wie der NIK-Bericht später enthüllte, war der Gesundheitsminister Cieszynski vom Geheimdienst dazu überredet worden, den Vertrag mit E&K-Chef Izdebski zu unterzeichnen.
Inzwischen wurde bekannt: Premierminister Mateusz Morawiecki wusste und billigte, dass Izdebski, trotz seiner Eigenschaft als Eigentümer einer Handelsfirma für Kleinwaffen, der Lieferant der Beatmungsgeräte werden sollte. Dies ging aus kürzlich online veröffentlichten E-Mails hervor. Aus demselben Schriftwechsel geht hervor, dass Izdebski, der inzwischen abgetaucht ist und per Haftbefehl gesucht wird, vom Vorsitzenden des Kupferkonzerns Marcin Chludziński als zuverlässiger Auftragnehmer empfohlen wurde. Weder das Büro des Premierministers noch der Kupferkonzern haben auf die Fragen von tvn24.pl geantwortet.
Seit zwei Tagen lässt sich das Portal, das die E-Mails der Beamten veröffentlichte, in Webbrowsern mit Standardeinstellungen nicht mehr öffnen. Wie Journalisten einer Trusted Third Party, des Branchendienstes Zaufana Trzecia Strona, erfahren haben, geht die Blockade auf einen Befehl des Leiters der Agentur für innere Sicherheit, Oberst Krzysztof Wacławek, zurück. Unter Berufung auf Artikel 180 des Telekommunikationsgesetzes wies er die Internetanbieter an, das Portal zu sperren. Wie Journalisten der Trusted Third Party berichten, stellen die Veröffentlichungen nach Ansicht der Agentur für innere Sicherheit eine „Bedrohung der Verteidigung, der staatlichen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung“ dar.
Die Regierung hat den Wahrheitsgehalt der veröffentlichten E-Mails zwar in Frage gestellt, aber bisher kein einziges Beispiel für eine falsche E-Mail vorgelegt. Stattdessen gibt es zumindest mehrere E-Mails, deren Wahrheitsgehalt von Personen bestätigt wurde, die in der Korrespondenz namentlich erwähnt werden.
Der Skandal zieht weitere Kreise. Als der polnische Internetfernsehsender wRealu24 über den Vorgang berichtet, wird er gesperrt. Marcin Rola, der Chefredakteur des Senders erklärt: „Ich habe aus inoffiziellen Quellen erfahren, dass wir wegen der Berichterstattung über den „Atemschutzgeräteskandal“ gesperrt worden sind.“