Dienstag, Dezember 3, 2024
LänderberichteWenig Wahrheit: Prof. Drosten vor dem Brandenburger Untersuchungsausschuss - Teil 1

Wenig Wahrheit: Prof. Drosten vor dem Brandenburger Untersuchungsausschuss – Teil 1

Augenzeugenbericht und Analyse von Rechtsanwältin Viviane Fischer

Am 11. Juni 2021 war Prof. Dr. Christian Drosten als Sachverständiger vor den Corona-Untersuchungsausschuss des Brandenburger Landtags geladen. Rechtsanwältin Viviane Fischer hat der Sitzung beigewohnt. Nach Analyse der von ihrem Team angefertigten stenografischen Mitschrift steht fest: die sachverständigen Äußerungen sind vielfach wissenschaftlich nicht haltbar.

Von der Öffentlichkeit weggehend unbemerkt tagt seit dem 14. Mai 2020 einmal im Monat ein parlamentarischer Corona-Untersuchungsausschuss. Er wurde am 23. September 2020 vom Brandenburger Landtag eingesetzt. Dem Ausschuss sitzt der SPD-Abgeordnete und Kinder- und Jugendsporttrainer Daniel Keller vor. Alle Fraktionen im Landtag von Brandenburg – CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linken, AfD und die Freien Wähler – haben Mitglieder in den Ausschuss entsandt. Der Ausschuss tagt weit überwiegend öffentlich. Alle Experten- und Zeugenanhörungen sind öffentlich, lediglich die Erörterung prozessualer und interner Fragestellungen erfolgt unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Was allerdings heisst öffentliche Verhandlung in diesem Fall? Im Sitzungssaal selbst ist keine Öffentlichkeit zugelassen. Die Bürger können das Sitzungsgeschehen nur über eine Leinwand in einem gesonderten Saal verfolgen. Der Videomitschnitt ist verboten, Fotos dürfen nicht angefertigt werden.

Zur Teilnahme ist – angabegemäss wegen des durch die Corona-Massnahmen begrenzten Zugangs – eine Anmeldung per E-Mail erforderlich, die, wie sich nach Intervention herausstellte, allerdings auch noch am Sitzungstag selbst erfolgen kann. „Das Prozedere wirkt klar abschreckend“, so Viviane Fischer. „Ich hatte mich – mit Partner – angemeldet. Der nicht namentlich genannte Partner – Rechtsanwalt Dr. Reiner Füllmich – sollte zunächst nicht zugelassen werden, obgleich keinerlei Kontrolle der Personalien erfolgte. Es fragt sich, worum geht es, um die Anzahl der Personen oder um konkrete Personen? Der Umgang mit dem Maskenthema stellte sich für mich als gleichfalls auf Abschreckung gerichtet dar. Dr. Füllmich und ich sind maskenbefreit. Dr. Weichmann, der Sicherheitsbeauftragte des Landtags, teilte uns mit, dass Atteste wegen einer Allgemeinverfügung der Landtagspräsidentin nicht akzeptiert würden, sofern sie nicht explizit eine Diagnose enthielten und eine Befreiung auch von dem Tragen eines Face-Shields aussprächen. Ohne Maske dürfe man der Sitzung daher gar nicht beiwohnen. Rechtlich ist das nicht haltbar. Vielleicht haben die Landtagsmitarbeiter dies nach nochmaliger Beratung auch erkannt. Im Saal erklärte der Ausschuss-Vorsitzende Keller den ca. 10 versammelten Personen dann nämlich, dass man „diesmal“ am Platz keine Maske tragen müsse, sie sei nur anzulegen, wenn man sich vom Platz entferne. Diese Ansage erstaunte, nachdem zuvor noch eine Person darauf hingewiesen worden war, dass man die Maske selbst zum Essen nicht abnehmen dürfe, sondern dafür den Saal zu verlassen habe. Dies ist sehr widersprüchlich und definitiv kein bürgernaher Umgang mit der interessierten Öffentlichkeit.“

„Teilweise wenig sachorientiert“ wirkte, so Fischer, im weiteren Verlauf auch die Sitzungsleitung durch den SPD-Abgeordenten Keller, der immer wieder dann einzugreifen schien, wenn die Fragen eine besondere Brisanz zu erlangen begannen – mit Hinweisen auf einen angeblich fehlenden Bezug zum Land Brandenburg oder auf eine mögliche Überschreitung des Untersuchungsgegenstandes. Keller unterbrach den Befragungsablauf auch immer wieder mit dem Bemerken Richtung Prof. Drosten, „darauf müssen Sie nicht antworten“ oder „darauf haben Sie schon geantwortet“. Auch brachte er wiederholt eine wertende Einstellung zu den gestellten Fragen zum Ausdruck. Die CDU, Die Linken, Bündnis 90/Die Grünen hatten verblüffenderweise keinerlei Fragen an Prof. Drosten, die SPD stellte drei Fragen, die Freien Wähler stellten fünf Fragen, die AfD hatte eine große Vielzahl von Fragen. Von Sitzungsteilnehmern wurde im Nachgang berichtet, dass die Abgeordneten der Parteien ohne Fragen zum Geschehen sich während der Befragung überwiegend mit ihrem Handy oder sonstigen Ablenkungen beschäftigten.

Im Termin sollte sich Prof. Drosten zu folgenden Fragestellungen sachverständig äußern:

  1. Wie Diagnostik, Probenentnahme und Probenversand in Bezug auf mögliche Fälle von SARS-CoV-2 durch die nach dem Pandemieplan Land Brandenburg akkreditierten Laboratorien erfolgte;
  2. Wie die mit der sodann erfolgten Diagnose im Zusammenhang stehenden Daten an die zuständigen brandenburgischen Behörden weitergeleitet wurden.

Seine Ausführungen sind vom stenografischen Dienst des Landtages erfaßt worden, in Abstimmung mit seinem neben ihm sitzenden Rechtsbeistand wird es ihm in einigen Wochen zur Freigabe vorgelegt werden.

„Wir werden das offizielle Protokoll mit dem von unserem Team vor Ort angefertigten Stenogramm vergleichen“, so Fischer. „Es ist ja inhaltlich doch recht Erstaunliches gesagt worden. Ich bin gespannt, ob Prof. Drosten sich an seinen Aussagen festhalten lassen wollen wird“.

Die bedeutsamsten Äusserungen werden im Wortlaut in diesem und Folgeartikeln vorgestellt und auf ihre wissenschaftliche Fundiertheit untersucht.

Dr. Berndt (AfD), Laborarzt: Herr Drosten, ich frag noch mal nach. Sie sagen ja, in den meisten Fällen, zu allermeist, und so weiter und so fort, machen da immer Einschränkungen, sagen aber, ein positiver PCR-Test ist in jedem Fall ein Fall … von dem formellen Weg her, von einer RKI-Statistik ist das so, so ist ja die Definition. Aber können Sie das in dieser Deutlichkeit auch sagen, medizinisch, dass jeder positive PCR-Befund ein Fall ist, kann man das so sagen, frage ich Sie als Sachverständiger.

Keller: Meines Erachtens hat der Anzuhörende das vorhin ausgeführt. Wollen Sie darauf noch mal antworten?

Dr. Berndt: Also, zu 100 Prozent, die Frage ist 100 Prozent, PCR positiv 100 Prozent Covid-19.

Keller: Ich sage nochmal, meines Erachtens haben Sie das vorhin recht differenziert und ausführlich ausgeführt. Wollen Sie noch ergänzen?

Prof. Drosten: 100 Prozent – in welchem Vertrauensbereich?

Keller: Also…

Prof. Drosten: Sie wissen selber, dass es nicht möglich ist, solche Aussagen mit wissenschaftlicher Sinnhaftigkeit zu tätigen ohne Vertrauensbereich.

Keller: Vielen Dank. Ich warne jetzt aber davor, dass wir jetzt nicht in den Dialog eintreten, Herr Dr. Berndt.

Dr. Berndt: Ich frage es deswegen, weil ich wissen will, wie ich diese Aussage zu werten habe, jeder positive PCR-Test ist ein Fall, das ist doch die Frage. Es hat doch eine enorme Bedeutung für das, was wir seit anderthalb Jahren erleben. Also dieses Diktum, jeder positive PCR-Test ist ein Covid-19-Fall.

Keller: In Bezug auf den Meldeweg hat …

Dr. Berndt: In Bezug auf den Meldeweg, das ist gar nicht meine Frage.

Keller: Die zweite Frage haben Sie gestellt, der Anzuhörende hat geantwortet. Und ich würde vorschlagen, wir kommen zur nächsten Frage.

Dr. Berndt: Gut, dann kommen wir zur nächsten Frage.

„Aus meiner Sicht hat hier leider Herr Keller, der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, aktiv verhindert, dass ein für die Beurteilung der Gefährdungslage durch das Virus im Untersuchungszeitraum sehr wichtiger Aspekt geklärt wurde.“ so Fischer. „Wenn der Laborarzt Dr. Berndt hier fragt, ob alle positiven Tests zu 100 Prozent immer als Corona-Fall zu werten sind, und Prof. Drosten nach dem Vertrauensbereich fragt, dann reden die beiden aneinander vorbei. Dr. Berndt will als Labormediziner wissen, ob mit einem positiven SARS-CoV-2-Testergebnis immer zutreffend ein (krankmachend) Virusbesiedelter identifiziert wird (mit den entsprechenden Konsequenzen Eingang in die Statistik, Quarantäne etc). Es ist anzunehmen, dass er aus seiner Arbeit weiß, dass Labortests nie zu 100 Prozent sicher sind. Prof. Drosten wirft in diesem Zusammenhang jedoch die Frage nach dem Vertrauensbereich auf, die sich bei einer 100 prozentigen Treffsicherheit aller Tests gar nicht stellen würde. Bei 100 Prozent Vertrauensbereich wäre nämlich tatsächlich jeder positive Test ein Fall.

Was ist nun aber der von Prof. Drosten angesprochene „Vertrauensbereich“? Der „Vertrauensbereich“ – oft auch „Konfidenzintervall“ genannt – meint die Schwankungsbreite, innerhalb dessen sich ein Ergebnis bewegen darf, um auf einen rechnerischen Mittelwert zu kommen. Ist der Vertrauensbereich 100 Prozent, so werden zuverlässig und ausschliesslich 100 Prozent der virusbesiedelten Personen durch den Test identifiziert. Es gäbe keine falsch positiven oder falsch negativen Ergebnisse. Liegt der Vertrauensbereich jedoch bei 95 Prozent, so bedeutet dies, dass als Mittelwert einer Stichprobe von 100 Tests fünf Testergebnisse falsch sein können. Innerhalb des Vertrauensbereichs von 95 Prozent wären jedoch 100 Prozent der Testergebnisse zutreffend. Ist der Vertrauensbereich der 100 durchgeführten Test nur 80 Prozent, so wären bis zu 20 Testergebnisse falsch, hinsichtlich 80 Tests innerhalb des Vertrauensbereich könnte man aber gleichwohl sagen, diese wären zu 100 Prozent korrekt. Man sieht, hier wird die Fehlerbehaftetheit der Testergebnisse hinein- bzw. wegdefiniert.

Die zuvor mehrfach getätigte Aussage von Prof. Drosten, dass 100 Prozent der positiven Tests einen Fall darstellten, die den Laborarzt Dr. Berndt ja zur mehrfachen Nachfrage bewegt hat, bedeutet also keineswegs das, was man ohne vertiefte labormedizinische Kenntnisse glauben könnte. Sie ist, wie er selbst sagt, sinnlos. Als Aussage vor einem Untersuchungsausschuss, der sich ein Bild darüber verschaffen soll, ob im Bereich der Diagnostik alles arte leges gelaufen ist, betrachte ich diese Darstellung sogar als irreführend. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses hat durch sein Eingreifen das Erkennen dieser Täuschungslage durch die Mitglieder des Untersuchungsausschusses verhindert.“

Dr. Berndt: Der CT-Wert, der in den Laboren ermittelt wird, wird der weitergegeben, ist er sozusagen Bestandteil des Befundes?

Keller: Sie haben das Wort.

Prof. Drosten: Also, wir machen das bei uns so – das machen aber nicht alle Labore gleich – dass wir eine Viruslastabschätzung angeben, weil es genauer ist, als den CT-Wert anzugeben. Der CT-Wert ist ein roher Laborwert. Und der ist eben, wie ich das vorhin schon mal ausgeführt habe, nicht so gut, wie man das haben könnte, wie es optimal wäre, um zwischen Laboren zu vergleichen, um die Viruslast besser zu vergleichen. Und darum geben wir Viruslastschätzbereiche ein, wir sagen hoch, mittlerer oder niedriger Viruslastschätzbereich und benutzen eine präzisere Terminologie dafür. Das ist bei uns die Handhabung, das hat bestimmte klinische Gründe, also bespielsweise in der Entlass- oder Verlegesituation wird das sehr häufig von klinischen Kollegen nachgefragt, weil sie anhand von diesem Kriterium beispielsweise krankenhaushygienische Entscheidungen treffen.

Keller: Vielen Dank. Herr Dr. Berndt

Dr. Berndt: Können Sie das noch mal ein bisschen erläutern, wie Sie zu dieser Einschätzung hoch, mittel, niedrig Viruslast kommen?

Prof. Drosten: Das basiert einfach auf einer Kalibrierung der CT-Werte. Wir haben einfach definierte Viruslaststandards eingesetzt und dann geschaut, welche CT-Werte auf unserem in unserem Labor verwendeten Testsystem dabei herauskommen und dann auf dieser Basis eine CT-basierte Umrechnung in Viruslastkategorien hoch, mittel, niedrig angegeben. Das ist einfach präziser, als einfach zu sagen, hier ist die Zahl des CT-Wertes, jetzt machen Sie Ihren Reim drauf. Das, das reicht uns nicht.

Keller: Vielen Dank. Herr Dr. Berndt.

Dr. Berndt: Das heisst, da haben Sie Voruntersuchungen gemacht mit Testproben. Da haben Sie interne Standards dazugegeben und dann haben Sie gesehen, hier ist der CT-Wert. Und das ist jetzt das Lineal, mit dem Sie messen, wenn Sie denn Proben haben. Jede zusätzlich Patientenprobe kommt nicht noch mal in interne Standards zur Kontrolle, sondern Sie vergleichen das anhand dieser Standardkurven, die Sie mal ermittelt haben.

Keller: Sie haben das Wort.

Prof. Drosten: Genau, also die Viruslast machen wir anhand dieser Werte.

Keller: Vielen Dank. Herr Dr. Berndt.

Dr. Berndt: Machen das auch die anderen akkreditierten Labore in Brandenburg so, die PCR-Tests machen?

Keller: Können Sie dazu was sagen?

Prof. Drosten: Also, ich kann Ihnen sagen, dass die Firma INSTAND Referenzstandards zur Verfügug gestellt hat, die haben wir gemeinsam mit dem Robert-Koch-Institut auch kalibriert. Und die sind an ganz viele akkreditierte Labore in Deutschland gegangen, das sind fast alle diese Labore, die auch die Ringversuchsproben von INSTAND beziehen. Und das ist die überwältigende Mehrheit in Deutschland. Und danach, nachdem das verfügbar wurde, sind relativ viele Labore dazu übergegangen, das auch so zu machen. Andere haben das nicht gemacht. Müssen sie auch nicht. Und ich kann Ihnen aber jetzt auch nicht unterbrechen, welche Labore in Brandenburg das wie machen.

Keller: Vielen Dank. Herr Dr. Berndt.

Dr. Berndt: Reine Spekulation – wäre es sinnvoll, das verpflichtend zu machen für die Labore für die Virusdiagnostik für SARS-CoV-2?

Prof. Drosten: Also nach meiner Ansicht ist es sinnvoll, das zu machen. Das verpflichtend zu machen, äh, das ist nach meiner Ansicht unter den Kautelen einer Pandemie mit überlasteten Laboren immer die Frage, ob man da nicht noch mehr Arbeitslast verursacht. Aber ganz prinzipiell medizinisch epidemiologisch gedacht, ja, natürlich ist das sinnvoll.

„Es überrascht, dass Prof. Drosten, der ja als Pandemiebeautragter auch in Brandenburg fungierte, sich hier so bedeckt hält. Schliesslich ging es hier nicht allein um einen möglichen zusätzlichen Arbeitsaufwand für die beteiligten Labore, die ja grade zu Anbeginn der Testungen, als die Tests noch gar flächendeckend nicht verfügbar waren, noch nicht in Arbeit ertranken, es muss ja immer auch und vor allem um die zielsichere Identifikation von echten Fällen gegangen sein. Ein Fall zu sein, bedeutet ja Quarantäne, massive Grundrechtseinschränkungen, Arbeitsaufwand für die Behörden etc. Und die angeblichen oder tatsächlichen Fälle haben als Begründung für Lockdown-Entscheidungen gedient. Also, da würde man doch erwarten, dass Entscheidungsträger oder die sie beratenden Sachverständigen alles das vorantreiben, was „medizinisch epidemiologisch sinnvoll“ ist, so dass auf einer zutreffenden Erkenntnisbasis entschieden werden kann.“, so Fischer.

Dr. Berndt: Herr Drosten, Sie haben ja erzählt, Sie haben Anfang 2020 das erste Mal von diesem neuartigen Virus da aus China erfahren und Ihr Testprotokoll haben Sie ja zur Verfügung gestellt, ich glaube, mit Datum 13. Januar. Atemberaubende Geschwindigkeit. Also toll. Nun war ja bis Anfang März die Einschätzung, auch Ihre Einschätzung der pandemischen Situation noch mal anders als danach. Da sprachen Sie noch von einer milden Erkrankung. Dann später, ab 6. März, wenn ich das so richtig nachgelesen habe, haben Sie schon darauf hingewiesen, dass eine Überlastung des Gesundheitssystems drohen könnte, bis zu 82.000 Tote und so weiter. Frage: Was haben Sie in der Zwischenzeit erfahren über das Virus, weshalb Sie Ihre Einschätzung geändert haben und hat das Auswirkungen auf die Diagnostik gehabt? Gibt es da Eigenschaften des Virus, von denen Sie erfahren haben, die Sie Anfang des Jahres noch nicht kannten, und haben diese veränderten Eigenschaften, die zu einer veränderten Einschätzung geführt haben, rückgewirkt auf die Diagnostik des Virus?

Keller: Hier würde ich auch bitten, eher den Teil zur Diagnostik zu beantworten, ob das da Auswirkungen hat. Sie haben das Wort.

Prof. Drosten: Kann ich beantworten. Also, erstmal, es ist gar kein Unterschied oder kein Widerspruch zu sagen, es ist in den allermeisten Fällen eine milde Erkrankung. Das ist es ja, bis heute übrigens, hat sich nicht geändert. Und dennoch in einer Pandemie, wo wir ganz viele milde Erkrankungen haben, da reichen eben die wenigen nicht milden Erkrankungen, um das Gesundheitssystem zu überlasten. Das ist also überhaupt kein Widerspruch und keine Einschätzung, die sich da geändert hat. Die Einschätzung, die sich eigentlich über den Januar eingestellt hat und die tatsächlich neu war, wo ich auch drüber überrascht war, das war die Einschätzung über die Verbreitungsfähigkeit. Weil zu der Zeit, da gab es zwar schon diesen Lockdown in Wuhan, das hat man in den Nachrichten gesehen. Aber das Virus war ja in Deutschland erst mal nicht greifbar. Wir bekamen um den 20. Januar herum das Webasto-Cluster in München, die ersten Patienten und wir hatten riesig Patienten auch gleich, weil wir eben ein Konsiliarlabor sind, haben Proben bekommen zur Bestätigungstestung. Was wir da gesehen haben, war etwas für mich damals recht frappierendes, nämlich, dass die Patienten im Rachen sehr viel Viruslast hatten trotz milder Verläufe. Und das war nicht das Bild, das ich kannte aus der Zeit von SARS I. Ich hatte zu der Zeit noch sehr stark daran gedacht, dass diese Viren im Prinzip dasselbe sind, sie gehören zur gleichen Spezies, sind schon sehr ähnlich. Ich dachte, das wird so sein wie vielleicht in Hongkong auch, wenn man sehr stark drauf achtet, ich spreche von SARS I und Hongkong 2003, wenn also jeder weiss, dieses Virus gibt es und dann sind alle so ein bisschen verhalten, vorsichtig in ihrem Alltagsverhalten, dann kontrolliert sich das im Prinzip von selbst. Weil nämlich SARS I diese Eigenschaft hatte, das repliziert in den tiefen Atemwegen und eben nicht da oben so stark. Man muss schon sehr nah aneinander dran sein, um sich zu infizieren. Und als ich dann anhand der Webasto-Kohorte gesehen habe, dass die Viruslast hier sich anders verhält, dass also im Vergleich zu der Lunge hier im Rachen richtig viel Virus ist trotz milder Krankheit, da war natürlich klar, so ein Virus, das ist ja richtig übertragbar, das hat die Grundvoraussetzung für eine sehr hohe Übertragbarkeit. Da hat sich auch meine Einschätzung zur Pandemiegefahr noch mal erhöht in dem Moment. Das habe ich auch in der Öffentlichkeit so und auch mit dieser Begründung kommuniziert. Das können Sie auch, wenn Sie wollen, in der Medienaufzeichnungen anschauen.

Keller: Vielen Dank. Die Frage, ob sich da was zur Diagnostik bei Ihnen geändert hat.

Prof. Drosten: Diagnostik ist eben die Viruslast. Das war schon ein diagnostisches Kriterium.

Keller: Gut. Vielen Dank. Dann Herr Dr. Berndt.

„Diese Äußerung entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Es ist durch keine Studie belegt, dass eine Virusreplikation im Rachenbereiche infektiöser ist als eine Replikation in der tiefen Lunge. Die Einschätzungsänderung von Prof. Drosten, die mitursächlcih für den Lockdown im März 2020 war, ist daher ohne nachvolllziehbaren Grund. Wenn laut Prof. Drosten  die entscheidende Diagnostik die Viruslast ist – dann darf die Frage erlaubt sein, warum Prof. Drosten in Kooperation nicht sehr früh den Diagnostiklabors kalibrierte Proben zur Ermittlung der Viruslast zur Verfügung gestellt hat.“ so Fischer.

Dr. Berndt: Ich gehe nochmal zurück auf die Frage nach mittel, hoch, gering, Viruslastabschätzung. Wie ist denn das bei Ihren CT-Werten, bei Ihren Untersuchung, also bei dem Test, den Sie anwenden, in welchem Bereich liegen die CT-Werte?

Keller: Sie haben das Wort.

Prof. Drosten: Also, wir benutzten ja den Roche-Test und der Umschlagbereich liegt da so, also, man kann sagen, im Bereich von CT 24-25, das ist so die eine Marge und die andere liegt so bei 27-28, in diesem Gebiet. Da ist der Umschlagbereich, drüber ist hoch, drunter ist niedrig. dazwischen ist intermediär.

„Es ist interessant,“ so Fischer, „dass hier zwar die Viruslastumrechnung angesprochen wird, als ihre Basis aber auch nur der CT-Wert genannt wird, es fliesst ersichtlich jedoch kein zusätzlicher Parameter in die Berechnung ein, so dass auch nicht nachvollzogen werden kann, warum die Viruslastumrechnung nur derart genauer eine Infektion im Sinne einer krankmachenden Virusbesiedelung erfassen können soll. In diesem Zusammenhang erstaunlich der Aspekt, dass Prof. Drosten hier die CT-Werte genau falsch interpretiert. Es hätte in seiner Antwort heißen müssen: 24/25 Umschlagpunkt 1 und 27/28 Umschlagpunkt 2, darüber ist die Viruslast NIEDRIG, darunter HOCH. Je schneller die RT-qPCR ein positves Signal gibt, umso niedriger ist der CT-Wert aber umso höher war die Ausgangsmenge des gesuchten Genetischen Materials in der Probe. Aber vielleicht hat Prof. Drosten sich hier ja nur versprochen.“

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