Corona-Ausschuss – Sitzung 1 , 14. Juli 2020, Zusammenfassung Annette Wigand
Dr. Wolfgang Wodarg ist Pneumologe und Internist, Arzt für öffentliches Gesundheitswesen, Arzt für Hygiene und Umweltmedizin und leitete von 1981 bis 1994 das Gesundheitsamt Flensburg. Bis 2009 war er Mitglied des Bundestags (im Gesundheitsausschuss zuständig für Infektionskrankheiten in enger Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut) und von 2011 bis 2020 Vorstandsmitglied bei Transparency International. Als Vorsitzender des Unterausschusses Gesundheit der parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg initiierte er 2009 den Untersuchungsausschuss zur Rolle der WHO bei der Schweinegrippe, dessen Anhörungen 2010 stattfanden.
In seiner Zeit als Leiter eines Gesundheitsamtes, so berichtete Wodarg im Corona-Ausschuss, sei er verantwortlich gewesen für Seuchen und Seuchenbekämpfung. Um eine Epidemie zuverlässig erkennen zu können, baute er sich ein Sentinel (Wächtersystem), indem er eine Mitarbeiterin beauftragte, in der Zeit von Oktober bis Ende März montags immer dieselben Krankenhäuser, Kinderärzte, Hausärzte und großen Ämter anzurufen, um mittels standardisierter Fragen das Auftreten von Infektionskrankheiten und die Zahl an Krankmeldungen zu ermitteln.
Dieses Sentinel wurde für Wodarg zum lokalen, sehr lebensnahen und praktischen Beobachtungsinstrument, das er ohne großen Aufwand betrieb und mit dem er situationsbedingt Handlungsempfehlungen für das öffentliche Leben der 120.000 Menschen geben konnte, für die er zuständig war. Als in einem Jahr einmal ungefähr jeder zehnte Einwohner an Influenza erkrankte und die Patienten in den Krankenhäusern schon auf den Fluren lagen, empfahl Wodarg dem Oberbürgermeister, den Jahresempfang, bei dem üblicherweise viele Hände geschüttelt wurden, zeitlich zu verschieben.
Influenza werde, so Wodarg, genauso wie Coronaviren mittels Tröpfcheninfektion übertragen. Trotzdem „lief damals nie jemand mit Mundbinde herum. Die trug man nur im OP, auf Tuberkulosestationen oder wenn Menschen besonders gefährlich infiziert oder durch Kortison immunsupprimiert waren“.
Vor diesem Erfahrungshintergrund schilderte Wodarg im Folgenden zwei Erlebnisse:
Im Jahr 2005 schlug die WHO Alarm. Es würden bald ganz viele Menschen durch eine neue Grippeform, die „Vogelgrippe“, sterben. Zu Wodargs Verwunderung wurden Bilder von toten Vögeln in einem Naturschutzgebiet auf Rügen gezeigt, die es in den Vorjahren aber auch schon regelmäßig gegeben hatte und von denen er wusste, dass sie völlig normal waren, „weil Zugvögel eben auch die Grippe bekommen und dann nicht ziehen können und erfrieren“.
Da ihm dieser Alarmismus völlig unbegreiflich war, fuhr er nach Genf und besuchte Klaus Stöhr (Veterinär und Leiter des weltweiten Influenza-Programms der WHO), der im Fernsehen horrende Todeszahlen prophezeit hatte. Auf die Frage nach der Grundlage seiner extremen Einschätzung präsentierte Stöhr keine Zahlen und Fakten, sondern einzig eine Werbe-CD für das Virostatikum Tamiflu.
Im gleichen Jahr teilte er Wodarg auf einer Weihnachtsgrußkarte mit, nun auch in der Impfabteilung des Pharmakonzerns Novartis tätig zu sein, was Wodarg sehr merkwürdig und alarmierend empfand.
Der zweite Vorfall ereignete sich im April 2009. Die WHO teilte mit, es gebe eine neue Influenzavariation H1N1, die die sogenannte „Schweinegrippe“ auslöse.
Nach Aussage Wodargs hatte die Firma Veratect zu Beginn des Jahres 2009 in mexikanischen Krankenhäusern H1N1-Infizierte gesucht und nach eigenen Angaben 400 an der Schweinegrippe Erkrankte gefunden. Daraufhin versetzte sie die CDC (Center for Disease Control and Prevention, USA) mit hartnäckiger Aufregung in Alarmbereitschaft.
Im April 2009 lässt Neil Ferguson (Epidemiologe und Professor für mathematische Biologie ,tätig für das Imperial College in London, die englische Regierung und die WHO), über die Medien vermelden, in Mexiko gebe es 400 Fälle von Schweinegrippe. Gleichzeitig erstellte er für die WHO ein Szenario, das, ausgehend von der Anzahl der von Airport Mexiko City startenden Flugpassagiere und einem R-Wert von 3 bis 4, eine rasche weltweite Verbreitung des Virus H1N1 in Aussicht stellte – mit der Folge massenhaft Erkrankter und Toter.
Influenza, so Wodarg, war zu diesem Zeitpunkt das einzige Grippevirus, das regelmäßig intensiv überwacht wurde – von der Impfstoffindustrie, da sie für die Anpassung des Impfstoffs immer wissen musste, welche Viren gerade „im Kommen sind“. Andere Viren, beispielsweise Parainfluenza, Metapneumoviren oder Rhinoviren, für die es keinen Impfstoff gab, wurden in Deutschland erst nach 2009 vom Robert-Koch-Institut (RKI) unter Beobachtung genommen.
Schon misstrauisch geworden aufgrund der zwei voran gegangenen, von der WHO ausgerufenen Pandemien 2002/2003 (SARS) und 2005 (Vogelgrippe) – jeweils mit nur wenigen Toten, aber stets verbunden mit der Forderung nach einer Pandemic Preparedness (Pandemievorsorge) – wandte Wodarg sich an einen Kollegen in Australien, da dort geographisch-klimatisch bedingt das globale Infektionsgeschehen dem deutschen stets ein halbes Jahr voraus ist . Ihm wurde mitgeteilt, dass die Schweinegrippe dort schon wieder am Abklingen sei.
Im Zuge der weiteren Beschäftigung mit der Schweinegrippe und der Pandemic Preparedness erfuhr Wodarg, dass viele Staaten auf Empfehlung der WHO im Frühjahr 2009 weit über 100 Verträge mit Pharmaunternehmen zwecks zügiger, bedarfsgerechter Bereitstellung von Impfstoff und ihrer Abnahme abgeschlossen hatten. Die Bundesregierung hatte Deals mit den Firmen Novartis und GlaxoSmithKline.
Bedingung der Impfstoffhersteller war es, alle Verträge vor der Öffentlichkeit geheim zu halten. Die fast identisch abgefassten französischen und deutschen Verträge wurden jedoch geleaked und lagen Wodarg vor. In ihnen war vereinbart worden, dass die Inkrafttretung sofort nach „Bekanntgabe einer Influenza-Pandemie durch die WHO bei Erreichen der Stufe 6 und Identifizierung und Bekanntgabe des relevanten Virustyps“ erfolgen solle.
Dem Hinweis der Pharmaindustrie, „Wenn wir euch im Falle einer Pandemie schnell retten sollen, dann müsst ihr aber auch etwas dafür tun“, folgend, ließ der französische Präsident Sarkozy eine Impfstofffabrik in Mexiko errichten. Soweit Wodarg bekannt, erhielten Novartis und GlaxoSmithKline von der Bundesregierung 10 Millionen Euro für Impfstoff-Produktionsanlagen.
Als eines der Länder, die der Empfehlung der WHO nicht gefolgt waren, nennt Wodarg auf Nachfrage von Antonia Fischer beispielhaft Polen. Die damalige Gesundheitsministerin, eine Ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen, sagte später im Untersuchungsausschuss, es sei „nicht indiziert“ gewesen.
Anfang Mai 2009 änderte die WHO die Definition einer Pandemie. Während eine Pandemie bis dahin eine ansteckende Infektionskrankheit war, die um die Welt geht und zu einer beträchtlichen Zahl von Schwerkranken und Toten führt, waren Krankheits- und Todesfälle ab sofort keine Voraussetzung mehr für die Ausrufung einer Pandemie. Es reicht seitdem, wenn sich ein Krankheitserreger weltweit verbreitet.
Wodarg wies im Ausschuss darauf hin, dass Viren sich ständig verändern, so dass immer wieder neue Erreger auftreten, gegen die die Menschen noch nicht immun sind. Dank des internationalen Flugverkehrs verbreiten sie sich jeweils schnell weltweit. Gemäß der neuen Definition einer Pandemie sei es nun möglich gewesen, jede weltweite Verbreitung eines Erregers zur Pandemie zu erklären.
Anfang Juni 2009 erklärte die Generaldirektorin der WHO, Margaret Chan, die Schweinegrippe zur Pandemie – und die Verträge traten prompt in Kraft.
Wodarg erfuhr als Abgeordneter, dass Novartis und GlaxoSmithKline ihre Impfstofflieferungen vorbereiten. Er selbst erachtete die Maßnahmen als überzogen und die Impfstoffe als bedenklich. Er fand auf politischer Ebene aber wegen des anstehenden Bundestagswahlkampfs kein Gehör.
Im Juli, kurz vor der Sommerpause, teilte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt den Genossen mit, sie könnten nun in den Wahlkampf ziehen und in ihren Wahlkreisen beruhigend verkünden, es würde mit 50 Millionen georderten Impfdosen genug Impfstoff für alle Impfwilligen geben.
Zu dieser Zeit hatte Wodarg bereits einen Artikel im Flensburger Tageblatt veröffentlicht. Darin enthüllte er, dass der Impfstoff der Firma Novartis nicht mehr, wie bisher, in Hühnereiern, sondern in neuartigen Bioreaktoren hergestellt werde. Diese Bioreaktoren beinhalten sehr schnell proliferierende Krebszellen ähnlich wuchernden Nierenzellen. Die Viren wachsen in diesen Zellen, werden anschließend extrahiert und bilden den neuen Impfstoff.
Wodarg warnte vor der Verwendung dieses Impfstoffs, da ihm die klinischen Studien der Zulassung des neuen Verfahrens vorlagen, aus denen hervorging, dass die Nachbeobachtungszeit fünf bis sechs Monate betragen hatte. Seiner Ansicht nach zu kurz, um beobachten zu können, ob die restlichen im Impfstoff vorhandenen Proteine der Nierenzellen bei den Geimpften Krebs auslösen würden.
Als die BILD-Zeitung am Tag nach der Veröffentlichung titelte „Wodarg sagt: ‚Grippeimpfung macht Krebs‘“, sahen sich das Paul-Ehrlich-Institut (deutsches Bundesinstitut für Impfstoffe) und die Bundesregierung genötigt, den Vertrag mit Novartis zurückzunehmen.
Laut Wodarg dauert das Zulassungsverfahren eines Impfstoffs normalerweise 10 bis 15 Jahre.
Die Firma GlaxoSmithKline verwendete ein anderes Herstellungsverfahren. Hierbei wurde nur relativ wenig Virusmaterial eingesetzt, das mit Adjuvantien (Wirkverstärkern) gestreckt wurde. Diese Adjuvantien führten später bei einigen der 4 bis 6 Millionen in Deutschland Geimpften zu Narkolepsie. Genaue Zahlen liegen Wodarg nicht vor.
Dass die Impfstoffherstellung in Deutschland früher in staatlicher Hand lag und im Laufe der Zeit aus Kostengründen an private Firmen abgegeben wurde, hält Wodarg für sehr kritisch. Die Unternehmen verdienen seitdem an dem Impfgeschäft. Viviane Fischer fügte an, dass diese Firmen für Impfschäden nicht aufkommen, sondern Haftungsansprüche an einen staatlichen Haftungsfonds abgäben.
Für Impfungen, die in Deutschland staatlich empfohlen würden, gibt es einen Impfschadensausgleich über das Versorgungsamt. Betroffenen würde es in Deutschland jedoch, anders als in Schweden, sehr schwer gemacht, einen Impfschaden nachzuweise, so Wodarg. Er äußerte den Verdacht, dass es deshalb in Deutschland bei gleicher Zahl Geimpfter nur halb so viele Impfschäden gebe wie in Schweden.
In Schweden wurden ca. 4 Millionen Menschen gegen Schweinegrippe geimpft, im wesentlich bevölkerungsreicheren Deutschland waren es nicht wesentlich mehr, weil viele deutsche Ärzte diese Impfung ablehnten.
Bei den alljährlichen Grippewellen gab es stets bis zu 500.000 Tote weltweit. Bei der Schweinegrippe, die so gefährlich sein sollte, waren es weltweit gerade einmal 15.000. In Deutschland gab es insgesamt 255 nach dem Bundesseuchengesetz gemeldete Tote.
Nachdem sich die Pandemie als „Fake“ herausgestellt hatte, herrschte in Deutschland Stillschweigen. Es fand keinerlei Aufarbeitung statt. Es gab keinen einzigen gerichtlichen Prozess und die nicht verwendeten Impfdosen wurden, so ergaben Nachforschungen von Transparency International, stillschweigend teuer vernichtet. Anders in Frankreich. Dort gab es eine Anhörung im Senat und „die Gesundheitsministerin wäre fast gefeuert worden. Das war sehr kritisch für sie, weil sie da mitgemacht hatte und die Bevölkerung nicht geschützt hatte vor diesem Betrug“, berichtete Wodarg.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag wurde Wodarg von Transparency International das Angebot unterbreitet, seine Bestrebungen um Aufdeckung der Korruption in der WHO als Leiter der AG Gesundheit und Mitglied des Vorstands fortzusetzen. Er nahm dieses Angebot an und deckte auf, dass das während der Vogelgrippe-Pandemie 2005 propagierte Grippe-Medikament Tamiflu (Oseltamivir) von Gilead Sciences entwickelt worden war und Donald Rumsfeld (bis 2001) CEO dieser Firma gewesen war. „Als er dann im Bush-Kabinett war, hat er dafür gesorgt, dass die USA riesige Mengen von Tamiflu eingelagert haben.“
Andere Länder folgten diesem Beispiel.
Tamiflu wurde dann aber nie verwendet. „Ein Glück“, so Wodarg, denn „es gab große Probleme mit dem Wirksamkeitsnachweis. Viele wissenschaftliche Daten, die vor der Zulassung durch Studien erarbeitet worden waren, sind nicht veröffentlicht worden.“ Tom Jefferson, Peter Doshi und andere versuchten, die Firma Roche, die die Lizenz zwischenzeitlich übernommen hatte und Tamiflu herstellte, dazu zu bringen, die Daten zu veröffentlichen. Als sie dann über Prozesse, über das Europäische Parlament und über öffentlichen Druck Roche endlich dazu gebracht hatten, diese Daten zu veröffentlichen, kamen sie zu der Schlussfolgerung, „dass durch diese Tabletten mehr Schaden als Nutzen entsteht.“
Seine persönliche Begegnung mit Tamiflu schildert Wodarg wie folgt: „Als ich mal in Guinea unterwegs war, bin ich bei tropischem Regen über den Hof einer Gesundheitsstation gelaufen. Da stand eine Holzpalette auf dem Hof, mit einer riesigen Menge Tamiflu drauf, eingedeckt mit einer Plastikplane. Sehr verwundert fragte ich mich, ob das Medikament dort wohl entsorgt worden sei.“
Als Wodarg 2009 als Bundestagsabgeordneter auf Korruption hinwies, fand er auf politischer Ebene kein Gehör. Als er zu Beginn der Corona-Krise als Vorstandsmitglied von Transparency International erneut darauf hinwies, ignorierte man ihn wieder und distanzierte sich darüber hinaus öffentlich von ihm.
Das einzige Mal, dass er Gehör fand, war 2009 im Europarat mit seinen 47 Mitgliedsstaaten und den seiner Ansicht nach vorbildlich demokratischen Strukturen. Dort, als Vorsitzender des Unterausschusses für Gesundheit, erhielt er bei einer Sitzung des Ausschusses in Paris die nötigen Stimmen von verschiedenen politischen Gruppen und Ländern, um 2010 einen Untersuchungsausschuss mit mehreren Anhörungen durchführen zu können, der weltweit viel Aufsehen erregte und ein großes Presseecho nach sich zog.
Der Untersuchungsausschuss legte offen, dass die Pandemie ein Fake war und nur zustande kommen konnte, weil die WHO die Definition einer Pandemie geändert hatte. Weiterhin wurde moniert, dass die Verträge mit den Ländern geheim gehalten wurden und die WHO die Pandemie durch Experten ausrufen ließ, die sie zunächst namentlich nicht bekannt gab.
Später kam heraus, dass diese Leute engste Verbindungen zur Arzneimittelindustrie hatten. „Da wurde“, so Wodarg, „dann auch sehr deutlich, dass die WHO abhängig von zweckgebundenen Geldern war.“
Als er Einblick in die Finanzierung der WHO erhielt, erkannte er, dass sie seit Ende der 1990er Jahre finanziell begann auszuhungern. Ihre Generalsekretärin Brundtland trat daraufhin als eine der Hauptrednerinnen beim Weltwirtschaftsforum in Davos auf und forderte alle Staaten und die Wirtschaft auf, sich in der Gesundheitspflege zu engagieren. „Das haben sie dann gemacht“, fügte Wodarg lakonisch hinzu und führte aus, dass die WHO heute zu 80 Prozent durch zweckgebundene Mittel finanziert wird, die nicht nur von Pharmafirmen direkt kommen, sondern von Stiftungen wie beispielsweise der größten Stiftung, der Bill and Melinda Gates Stiftung.